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Zehlendorf, 25. Mai
…..wo als Wahlvorsteher Herr Hochbaum und als dessen Stellvertreter Herr Knöpges sangiert……dieses Bezirks üben ihr Wahlrecht im „Kaiserhof“ aus, wo der Gemeinde-Vorsteher Schweitzer als Wahlvorsteher und Herr Friedel – Schlachkensee als sein Stellvertreter fungiert….
Steglitz, 29. Mai
…. Die freiwillige Feuerwhr hielt am Sonnabend in Albrechtshof ihre diesjährige General-Versammlung ab. Der Vorsitzende Herr Rechtsanwalt Schiemang berichtet, …. – Herr Brandmeister Landesbau-Inspektor Techow bemerkte: …..Vom alten Kommando ist nur Oberfeuerwehrmann Gabriel geblieben…….In diesem Falle stehen sie unter dem Kommando des Brandmeisters, sonst unter dem des Oberfeuerwehrmanns Adler……. – Den Kassenbericht erstat Herr Steuererheber Krüger: … Herr Geheimer Rechnungsrath Steinmeister berichtet Namens der Rechungsprüfer-Kommission:…….Durch Stimmzettel werden gewählt: Zum Schriftführer Herr stud. Weiß, zu Beiseitzern die Herren Neke und Döring…….Zu Rechnungsprüfern werden die Herren Geheimer Rechnungsrath Steinmeister, Oberfeuerwehrmann Gabriel und Feuerwehrmann Rackow wiedergewählt. Hierauf nimmt Herr Rentier Lademann das Wort zu folgender Ansprache:……
Schöneberg, 29. Mai
Wie uns aus Schöneberg amtlich mitgetheilt wird, hat nach Ausweis der Melderegister weder 1892 noch 1893 ein Arbeiter Groß in der Hauptstraße zu Schöneberg gewohnt:
Friedenau, 27. Mai
– Durch einen Revolverschuß versuchte am Mittwoch Abend in der Rheinstraße Nr. 65 der im Anfang der 40er Jahre stehende Schlächtermeister Meyer sich das Leben zu nehmen. Er hat sich in die linke Brust geschossen und liegt jetzt hoffnungslos darnieder und verweigert überhaupt das Motiv über Veranlassung zu der That anzugeben.
Nowawes, 29. Mai
In verflossener Woche gelangte der Landfriedensbruchartige Nowaweser Krawall von 16. Juli vorigen Jahres vor der Potsdamer Strafkammer zur Verhandlung. Angeklagte waren, Webermeister August Schmidt, dessen Ehefrau Marie Schmidt, deren Sohn Max und der Webergeselle Hiemke. Der „General-Anzeiger“ schildert Hergang und Thatbestand folgendermaßen: Der jetzt in Sperenberg stationierte Gendarm Schmoldt hatte am 16. Juli Abends 9 Uhr den kleinen Richard Schmidt in Verdacht gehabt, dass derselbe auf unrechtmäßige Art in Besitz von Backwaren gekommen sei und stellte diesbezüglich Fragen an denselben, welche den Jähzorn der Angehörigen des kleinen Schmidt erregten. Zunächst stellte der angeklagte Vater den Beamten zur Rede, später eilte der Sohn Max demselben nach und belästigte ihn in so arger Weise, daß Schmoldt – gestützt auf eine gegen Max Schmidt ergangene Strafantritts-requisition – den erregten Mann für verhaftet erklärte. Hiergegen protestierte derselbe energisch, infolgedessen der Beamte nach ihm griff, nun aber selbst gepackt wurde. Im darauffolgenden Ringen zog der Gendarm den Säbel, der ihm indeß sammt dem Helm entrissen wurde. Um dem entfliehenden Schmidt die Waffen wieder zu entreißen, begab sich Schmoldt auf das Gehöft und drohte hier mit dem Revolver, woraufhin ihm Frau Schmidt Säbel und Helm zurückbrachte. Während Schmoldt sich jetzt veranlaßt sah, die Feuerwehr zu requirieren, da es nachgerade 10 Uhr geworden war und dichte Menschenmassen das Gehöft umdrängten, eilten noch die Gendarmen George und Rösicke und der Nachtwächter Bartel herbei. Als der bald zurückkehrende Schmoldt auch die Frau Schmidt auf Grund einer Strafantritts-Requisition festnehmen wollte, stieg der Tumult aufs höchste. Die Angehörigen versuchten die Frau dem Beamten zu entreißen: Hiemke rief mit drohend erhobener Schnapsflasche: „Hunde geht zurück, sonst schlage ich euch mit de Pulle vor´n Kopp, ihr Blutsauger!“ Auch sonst aus der Menge heraus wurden Drohworte laut, es wurde mit Steinen geworfen, so daß sich der Gendarm Rösicke zu der erstgemeinten Drohnung genöthigt sah, er werde mit dem Revolver dazwischen schießen, wenn das Publikum nicht zurückgehe. Auf dem Weitertransport appellierte Hiemke an die Arbeiterschaft zwecks einer Befreiung und riß dem Schmoldt die Achselklappe sammt dem Uniformrock entzwei. Leider gelang es infolge der herrschenden Dunkelheit den Beamten nicht, die Namen der zahlreichen Exzedenten festzustellen. Der Gerichtshof nimmt an, daß der Gendarm Schmoldt nicht in berechtigter Ausübung seines Amtes gehandelt hat, als er Frau und Max Schmidt für verhaftet erklärte. Es wird deshalb sowohl die Frau, wie Max Schmidt von der Anklage des Widerstandes gegen die Staatsgewalt freigesprochen. Max aber wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu 4 Wochen, sein Vater wegen einer vollendeten und zwei versuchter Gefangenenbefreiungen zu 14 Tagen, Hiemke wegen Gefangenenbefreiung, fortgesetzter Körperverletzung und öffentlicher Beleidigung zu 4 Monaten Gefängniß verurtheilt, wovon zwei Monate auf die Untersuchungshaft angerechnet werden. Den beleidigten Beamten wird die Publikationsbefugniß zuerkannt. Von der Anklage der vorsätzlichen Sachbeschädigung wird Hiemke freigesprochen, da angenommen wird er habe dem Schmoldt nicht absichtilich die Uniform zerrissen.